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Apokalypsentourismus

Wir steuern dem finalen Showdown unseres Planeten zu! Wenn irgendeine der vielen Prognosen stimmt, dann kommt am 21.12 dieses zu Ende gehenden Jahres ein wenig viel von der im Maya-Kalender vorausgesagten Bewegung in die Mutter Erde. Oder präziser formuliert, dann ist es mit dem irdischen Leben vorbei! Rein gedanklich ist es schon eine immense Bedrohung, wenn man sich damit auseinandersetzt, was man in den verbleibenden 20 Tagen noch so alles tun muss, soll und kann. Und sollten sich wider Erwarten die Maya beim Verfassen ihrer Zeittafel geirrt haben, dann wartet auf uns noch immer der auf die Erde zurasende Planet Nibiru, der es auf eine Kollision mit der Weltkugel angelegt haben soll. Und sollte er doch noch gerade irgendwie an unserem Globus vorbeischrammen, dann gibt es noch immer die vom Stamm der Zulu vorhergesagte Rückkehr des Sternes Mu-shosho-nono. Die Weissagung der “Söhne der Sonne” besagt, dass im “Jahr des Roten Bullen” jener Himmelskörper auf die Erde niederprallen wird, der schon vor tausenden von Jahren Land und Leute unter sich begraben hat. Und wenn dem nicht so ist, dann gibt es noch immer die nicht gerade erbaulichen Prophezeiungen des Nostradamus, die sich bewahrheiten könnten, oder eben auch nicht. Wenn letzterer Fall eintreten sollte, dann bleiben noch immer die Vorhersagungen der Hopi, denen Rothaut-Experten als die westlichste Gruppe der Pueblo-Indianer aus dem nordöstlichen Arizona bekannt sind. Und dann wäre da noch der Bibel-Code, der eine kleine Apokalypse zum Jahresende voraussagt. Zusammenfassend kann man festhalten, dass die angeführten Bedrohungen, die uns in einigen Tagen einen einmaligen Flash bescheren sollen, meiner sonst eher optimistischen Grundstimmung keinen Abbruch getan haben.

Um das Leben aus einer anderen Perspektive zu betrachten, habe ich die heurigen *Ergebnisse des “6. World Skeptics Congress” nachgelesen. Auf dem Onlineportal der Skeptiker, korrekter der “Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e. V.” ist eine Pressemeldung nachzulesen, die mir so etwas wie einen Erkenntnisgewinn gebracht hat. Da soll es einen Berg geben, auf dem tatsächlich Außerirdische vermutet werden. Im südfranzösischen Bugarach, einem 200-Seelen-Dorf, gibt es die 1.230 Meter hohe Bergspitze, auf der sich grüne Männchen umhertollen sollen und bereits ihre Raumschiffe für den 21.12 aufzupolieren beginnen. In der irdischen Weltraumgarage herrscht Hochbetrieb. Kein Wunder, immer mehr Menschen pilgern in die im Zentrum des Départements Aude liegende Gemeinde, südlich von Limoux, übrigens ein Ort, an dem jährlich der längste und ausgiebigste Karneval der Welt stattfindet. Für die Theorie, ob die in Bugarach gesichteten Aliens etwa Karnevalsgänger aus Limoux sind, die dort sozusagen überwintern, gibt es keine Bestätigung. Daher muss angenommen werden, dass es dort tatsächlich ein paar überirdische Wesen gibt. Das könnte auch erklären, warum immer mehr Menschen das kleine Dorf aus dem Dornröschenschlaf reißen. * “Bürger aus Bugarach klagen, früher seien 40 Autos am Tag durchs Dorf gefahren, heute seien es tausend.” Der neue Industriezweig des Apokalypsentourismus scheint zu boomen. “Verschwörungstheoretiker und Erweckungspriester pilgern nach Bugarach und zum gleichnamigen Berg, der die Gemeinde überragt. Sie bringen Wundersteine und Amulette mit, errichten Jurten und Tipis, treffen sich zu Ritualen, prozessieren in weißen Gewändern durch den Ort oder beten splitternackt an den Hängen des Pic de Bugarach”, kann in der Süddeutschen Zeitung nachgelesen werden.

Ein wichtiger Aspekt scheint zu sein, dass man sich unseren Lebensrettern in vollkommener Nacktheit nähert. Das spart einigen Menschen sicherlich Bekleidungsstress. Jean-Pierre Delord, der seit vielen Jahren amtierende Bürgermeister ist sich noch nicht sicher, wie er den zu erwartenden Ansturm am 21.12.2012 managen soll. Notfalls möchte er den Berg sperren und die Armee zur Unterstützung rufen. Das erzeugt gerade ein unterhaltsames Bild im Kopf, wenn ich mir die Auseinandersetzung Kampfpanzer gegen Raumschiffe und Lichtschwerter gegen Pistolen vorstelle. Und mittendrin, tausende unverhüllte Frauen und Männer auf dem Weg zum lebensrettenden Weltraumtaxi. Persönlich bin in mir noch nicht sicher, wie ich entscheiden werde, ob auf nach Frankreich und ab ins Weltall oder darauf vertrauen, dass das Ende der Welt nochmals an uns vorübergeht. 183 Weltuntergangsvoraussagen seit Niedergang des Römischen Reiches hat es bereits gegeben, da könnte man beruhigt darauf vertrauen, dass das irdische Leben seine Fortsetzung finden wird. Vielleicht sollte ich die gewonnene Zeit nutzen, um ein Büro für Apokalypsentourismus zu eröffnen, Nachfrage von leidenschaftlichen Pessimisten gibt es offensichtlich genug.

*http://www.worldskeptics.org/ *http://www.sueddeutsche.de/panorama/