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Von der Stärke des Willens

Wenn ich dieser Tage wieder mal in einer Zeitungsmeldung gelesen habe, wonach sich immer mehr Menschen schwerer tun, ganz banale Texte zu lesen, dann besteht die naheliegende Schlussfolgerung darin, dass diese Personen schlicht und einfach weder Zeitungen, Magazine und schon gar keine Bücher lesen. Zu dieser Gruppe zähle ich definitiv nicht, ganz im Gegenteil. Ich bin eher das, was man einen Vielleser nennt. Es gibt so viele Dinge die mich interessieren, und trotz moderner Medien gehe ich sicherlich einmal pro Woche in eine Buchhandlung und kaufe mir ein Buch, von dem ich mir Antworten und Inspiration oder spannende Geschichten erwarte. Schon der von mir so hoch geschätzte Oskar Werner formulierte einst “Bücher sind die beste Nahrung für den Kopf und manchmal auch für die Seele”. Wie recht er hat!

Im Moment lese ich unter anderem ein kleines Taschenbuch des französischen Ethnologen und Anthropologen Marc Augé. In seinem im Feber im Beck Verlag erschienen “Tagebuch eines Obdachlosen” erzählt er eine fiktive Geschichte, fünf Monate im Leben eines Menschen, der sich trotz eines fixen Einkommens keinen festen Wohnsitz mehr leisten kann. “Aufgrund der Zwänge moderner Arbeitsverhältnisse und steigender Mietpreise wächst in Großstädten eine Masse von neuen Heimatlosen heran. Der Leser merkt schnell, dass mit dem Verlust der festen Behausung des Tagebuchschreibers auch eine schleichende Erosion von Orientierung, Identität und sozialen Kompetenzen einhergeht.” Kritiker werfen dem ehemaligen Direktor der Universität für Sozialwissenschaften in Paris vor, dass der von ihm gewählte Blickwinkel dem eines “Edel-Obdachlosen” entspricht und an der brutalen Realität des Schicksals vom degradierten Leben auf der Straße vorbeigeht. Mir reicht schon die aus dem Lehnstuhl eingenommene Perspektive aus, und ich will mir gar nicht vorstellen, was dieses Dasein in Praxis bedeutet.

Alleine in Deutschland schätzt man die Zahl der Obdachlosen auf 330.000 Menschen, welche am Ende des Tages keine Wohnungstür haben, die sie aufsperren können. Die Tendenz ist steigend, auch im Zentrum der EU, der Blick in einige krisengeschüttelte Mitgliedsstaaten reicht. Selten aber doch gibt es wirklich schöne Geschichten, in denen Menschen den Weg zurück ins “Normale Leben” mit festem Wohnsitz und bezahlter Arbeit finden. Wie eng Aufstieg und Niedergang zusammen liegen können, zeigt die Geschichte des US-amerikanischen Brokers *Chris Gardner , der den Aufstieg vom Obdachlosen zum Self-Made-Millionär schaffte. Sein Leben verlief alles andere, als von Glück gezeichnet. Eines Tages traf er in San Francisco einen Mann namens Bob Bridges, der gerade aus seinem Ferrari ausstieg. Er ging auf ihn zu und fragte „Was tun Sie? Und wie tun Sie es?“ Bob Bridges antwortete, dass er ein Börsenmakler sei. Gardner war fasziniert und machte fortan selbst eine Ausbildung zum Broker, geringfügig bezahlte Praktiker waren seine Lebensrealität, und trotz Arbeit am Tag schlief er in der Nacht in Obdachlosenheimen und in Toiletten der U-Bahn-Stationen der amerikanischen Millionenmetropole. Nach seiner Schulung bekam er einen Job und seine steile Karriere hatte begonnen, heute engagiert sich der knapp 60jährige im großen Stil für Obdachlose. Einer seiner Ratschläge lautet: „Wenn du einen Traum hast, lass ihn dir von niemandem wegnehmen.“

Träume werden ja auf vielfältigste Art und Weise gedeutet. Im Sinne des vorhin verwendeten Zitates bedeutet einen Traum zu haben vermutlich an ein großes Ziel zu glauben, an einer Idee festzuhalten und nicht aufzugeben. Große Biografien belegen immer wieder, dass da Menschen an eine Sache geglaubt haben und einmal öfter aufgestanden sind, als andere, um irgendwann ihr großes Ziel zu erreichen. Ein starker Wille ist dafür die Voraussetzung! Der hessische Hochschulprofessor Waldemar Pelz hat in einer großen Studie mit mehr als 6000 Teilnehmern jene fünf Faktoren erforscht, die veranschaulichen, was genau einen starken Willen ausmacht. An oberster Stelle steht die Fokussierung. Konzentriere dich auf das Wesentliche und verschwende deine Energie nicht für sinnlose Aufgaben. Die zweite Komponente ist kreative Problemlösung. Einfach mal einen eingefahrenen Weg verlassen, neue Optionen zulassen, lautet die Botschaft! Dritte Erkenntnis dieser großen Studie ist die Selbstdisziplin ohne die nichts geht und die bedeutet, Verlockungen widerstehen zu können. Ihr folgt das Selbstvertrauen, das zur besseren Bewältigung nicht vorhersehbarer Ereignisse dient. Als abschließende Kompetenz sollten Männer und Frauen trainieren, eigene Gefühle besser lenken zu können. Mit diesem “Stimmungsmanagement”, wie es der Studienverfasser nennt, schafft man es, psychische Belastungen aus dem Weg zu räumen und frei zu werden für die Verwirklichung seiner Träume.

* http://de.wikipedia.org/wiki/Chris_Gardner