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Menschenpflichten für alle!

Dass ich noch nicht zum Fremdenfeind geworden bin, hat damit zu tun, dass ich auch angesichts manch zynischer Bemerkungen über zu uns angereiste Mitbürger aus fernen Ländern, schon sehr genau weiß, wo die Grenzen der Ethik sind. Dennoch, die letzte Woche war eine ordentliche Prüfung in Sachen Geduld und Verständnis gegenüber anderen Kulturen, vorwiegend aus jenen Ländern, die man gerade jetzt gerne ob ihrer wesentlich erträglicheren Außentemperaturen heimsucht. Letztmalig hatte ich einen derartig aufgestauten negativ besetzten Gefühlszustand gegenüber Ausländern, als ich 2010 ob eines Knöchelbruches Wochen hindurch auf Taxis angewiesen gewesen bin, nur um den Status der Mobilität aufrecht erhalten zu können. Was ich da an Chauffeuren erlebt habe, hat mich wirklich sprachlos gemacht und ich gestehe, meine Gedanken im Zustand der Verschwiegenheit haben alles inkludiert, auch Handlungen, die vor dem Strafrichter geendet hätten. Aber meine hohe Selbstdisziplin hat mich vor Schlimmerem bewahrt.

Mein Thema der letzten Tage hat gelautet: Ich siedle in eine neue Bleibe! Schlecht erwischt habe ich es wahrlich nicht, ich sitze einen Steinwurf vom ersten Wiener Gemeindebezirk entfernt, mitten im Botschaftsviertel, in einem wunderbaren und nahezu feudalen Altbau. Die Umzugskisten sind endlich entleert, alles hat seinen Platz in der neuen Wohnung gefunden. Aber der Weg dorthin war eine Demutsübung in Sachen Toleranz. Am Montag haben 3 Arbeiter eines Umzugdienstes meine alte Wohnung entleert. Fast 12 Stunden lang wurde ausgeräumt, weggetragen, entrümpelt. Chef der Truppe war ein Typ Super-Checker, ein Mittdreißiger aus dem türkischen Ankara. Den gesamten Tag hat er nichts angegriffen, sondern nur seine zwei “Unterlöffel” angewiesen, was sie besser machen können. Mein Gespräch mit ihm begann damit, dass er den von einer Mitarbeiterin seines Unternehmens festgelegten Preis gleich mal wegverhandeln wollte. Der vereinbarte Preis für den Umzug war 700,00 Euro, der Manager der Kartonträger wollte sofort 100,00 Euro mehr, mit dem Hinweis, dass “die Schlampe, die das Angebot gemacht hat, keine Ahnung hat“. Egal, aber wenn du den gesamten Tag einen solchen Typen umherstehen siehst, der nichts tut und alles besser weiß, das ist emotional schwer zu verarbeiten. Die Geschichte findet ihre Fortsetzung in der neuen Wohnung. Auch dort gibt es genau einen Menschen der nichts tut, während alle anderen arbeiten. Wie auch immer, die Episode mit den Malern ebenfalls südlicher Herkunft erspare ich den geschätzten Leser meiner Kolumne.

Nach einer Woche des Räumens, Schlichtens usw. gab es am vergangenen Samstag noch einige Säcke mit Restmüll zu entsorgen. Ich telefonierte mit dem Entrümpelungsdienst, die Frau am anderen Ende der Leitung vereinbarte mit mir die Konditionen. In der Praxis stellte es sich so dar, dass die angekündigten Arbeiter knapp eine Stunde zu spät kamen, und natürlich mehr Geld haben wollten als vereinbart. Ich weigerte mich, mehr zu bezahlen. Wir diskutierten, die Arbeiter sagten “Ich nix verstehen, du mit Chef reden”, dazu machten sie eine Handbewegung, die ich nicht näher kommentieren möchte. Ich forderte die mit dem Büro getroffene Vereinbarung ein, einer der Arbeiter reichte mir sein Handy, mit seinem Chef am anderen Ende der Leitung. Ich versuchte zu erklären, dass ich telefonisch den Rahmen für die Ablieferung vereinbart hätte, er sagte mir, dass das keine Gültigkeit mehr habe, weil sich “die Alte” im Büro nicht auskennt. Ich forderte mit Nachdruck die Vereinbarung ein, er sagte mir nur “Du dreckiger Hurensohn hast die Wahl, entweder du zahlst, oder wir werfen dir all deinen Müll auf die Strasse zurück”. Ich habe mich letztlich für das Zahlen entschieden.

Mir ist schon klar, dass Menschen, die unter schlechten Bedingungen arbeiten, einfach versuchen mehr rauszuholen. Aber als Kunde fühlt man sich total ausgeliefert und voll gelegt! Wie wäre es umgekehrt, wenn wir mit Fremden so umgehen würden? Mir ist bewusst, dass Integration keine Einbahnstrasse sein darf. Aber an Beispielen wie diesen Erlebnissen denke ich mir schon, was ist da los? Und ich füge ausdrücklich hinzu, es gibt auch integrationswillige Zugewanderte, aber das, was ich hier an Nicht-Anpassungsfähigkeit und Arroganz erleben musste, das ist schon starkes Stück und das ist mutmaßlich kein Einzelfall! Wenn man all das erlebt, dann werden jene Bilder aufgebaut, aus denen irgendwann Feindbilder entstehen. Ich habe es in meinen Blogs schon mehrfach ausgeführt, aber all diese falsche Rücksichtnahme ist einer der Knackpunkte, warum die Akzeptanz gegenüber anderen Kulturen schwindet und Menschen ohne Reflexionsvermögen zu Ausländerfeinden werden. Die *Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten ist eine Initiative des InterAction Council, die als Gegengewicht und Ergänzung zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1997 den „Vereinten Nationen und der Weltöffentlichkeit zur Diskussion vorgelegt“ wurde. Ein einfaches Regelwerk, das zuallererst mal die Pflichten und erst dann die Rechte von Menschen regelt. Seit mehr als 20 Jahren ist in dieser Frage nichts geschehen. Ein großer Fehler wie ich meine, die Auswirkungen des Nichthandelns erleben wir täglich!

* http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenpflichten