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Lebenslust!

Mourir d´Amour, so nennen die Franzosen den Tod während des Liebesspiels. Gunter Sachs (1932 – 2011) beschrieb in seinen Memoiren, wie er diese prickelnde Form des Exitus einmal mit seiner späteren Frau Brigitte Bardot provozierte. Während einer rasanten Fahrt auf dem Mittelmeer vor der Cote d´Azur hatte er das Ruder festgestellt und sich seiner Beifahrerin gewidmet. „Mit einem hundertmal geübten Schritt über die Sitzbänke war ich bei ihr. Ich schlug mein Cape um sie und wir liebten uns auf dem vibrierenden Heck des Bootes. (…) Wir wussten, dass wir an einer Klippe zerschellen konnten. Vielleicht ersehnten wir das sogar.“

Allein diese Story macht klar: Da ist einer von uns gegangen, von dessen Schlag keiner mehr nachkommt. Und ich gebe unumwunden zu: Der Mann rang mir Respekt ab. Weil er kultivierten Hedonismus lebte. Weil er die schönen Dingen des Lebens in sich aufsaugte. Und seine Lebenslust kompromisslos zelebrierte. Der studierte Mathematiker, gefragte Fotograf, Dokumentarfilmer und Kunstsammler hatte die Ressourcen zu tun was ihm gefiel, eroberte die Bardot mit Rosenblättern, die er aus dem Hubschrauber über ihrem Grundstück abwarf. Oder rutschte im Sarg die Skeleton-Bahn in St. Moritz hinunter. Als Sachs 1969 in sein Appartement in St. Moritz einzog, ließ er Tom Wesselman, Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Arman, César, Yves Klein und Allen Jones die Räume gestalten. Warhol brachte Porträts von Sachs und dessen damaliger Frau Brigitte Bardot mit, Lichtenstein sorgte für den Bettüberwurf.

Und auch, wenn dem deutschen Biedermann der Mund offenblieb vor so viel offen zur Schau gestellter Genusssucht, bin ich sicher: Sachs lebte den Männertraum schlechthin. Einzig das Altwerden ist für den Typus des Bonvivant schwer zu ertragen. Hugh Hefner, der seinen Bunnies kaum mehr nachkommt oder der hiesige Baumeister der traurigen Gestalt werden wissen, wovon die Rede ist. Ewige Jugend bleibt eben Dorian Gray vorbehalten. Und wir wissen, wohin das geführt hat. Dass der Lebemann den Freitod wählte, scheint vor diesem Hintergrund eine absurde innere Logik zu haben. For what is a man, what he has got? If not himself, then he has naught. sang Franky Boy einst in seiner Hymne My Way. Eine Frage, die sich Sachs womöglich gestellt hat. Rest in peace!

Quellen: Focus, Die Zeit