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Islamisten, entspannt euch!

Es mag ja sein, dass ich viele Dinge nicht verstehe, die Welt des Islam gehört eindeutig dazu. Seit Tagen gibt es gewaltsame Proteste gegen einen Anti-Islam-Film. Wer den 14-minütigen Trailer von „Innocence of Muslims“ auf Youtube aufruft, sieht angeklebte Bärte, laienhaftes Schauspiel, blutige Schwerter und einen „Mohammed“ als Schwulen, Frauenhelden, Kinderschänder und Mörder, berichtet *Focus-Online. Man könnte meinen, dass das genug für die sich in ihren religiösen Gefühlen verletzten Gläubigen wäre, nein falsch gedacht, nun tauchen auch noch kurz vor dem Siedepunkt islamistischer Empörtheit Mohammed-Karikaturen im französischen Satiremagazin *Charlie Hebdo auf. Die jüngste Ausgabe ist ausverkauft, strenggläubige Muslime fühlen sich in ihrem Empfinden verletzt. Ein ungutes Gefühl kommt auf, da die Internetsite des seit 1992 erscheinenden Wochenmagazins, das am gestrigen Mittwoch mit mehreren Mohammed-Karikaturen erscheinen wollte, nicht mehr zu erreichen ist. Die Polizei hat sicherheitshalber das Redaktionsgebäude mit einigen Beamten umstellt, da die Büros der Zeitschrift schon 2011 verwüstet wurden, nachdem erstmalig Mohammed-Karikaturen gedruckt wurden. Europäische Regierungen rufen auf, sich zu mäßigen und zu bedenken, dass den Gläubigen der Religion der Unterwerfung, dem Islam, all das nicht mehr zumutbar sei. Der Postillon*, ein seit 1845 agierender “Nachrichtendienst” weiß zu berichten, dass “Erschöpfte Islamisten darum bitten, den Propheten nicht so oft hintereinander zu schmähen und Beleidigungen des Islam allgemein besser auf das Jahr zu verteilen. Neben den gesundheitlichen Risiken ständig aufrecht erhaltener Wut würden Job und Familie darunter leiden, wenn arbeitende Väter ständig auf die Straße gehen müssten”. Das ist die ironische Betrachtung.

Aber ganz ehrlich, was ist da insgesamt los? Da gibt es ein paar durchgeknallte Extremisten, die entweder empört sind oder andere Religionen verfolgen oder deren Mitglieder aufhängen, erschießen oder sonst was tun, und Gewalt als geeignetes Mittel im Umgang mit Andersdenkenden anwenden, aber selbst null Toleranz leben. Damit konterkarieren angeblich religiös motivierte Täter gleichzeitig die Vorstellung eines friedlichen Zusammenlebens. Und aus Angst, dass sich der Zorn nach dem traditionellen Freitagsgebet gegen Einrichtungen wenden könnte, auf denen die Tricolore weht, veranlasst das Außenministerium Konsulate sowie Kulturzentren und Schulen in 20 islamischen Ländern am morgigen Tag zu schließen. Und all das, weil auf der Titelseite von Charlie Hebdo ein gehbehinderter Moslem im Rollstuhl zu sehen ist, der von einem Rabbiner geschoben wird. In der Sprechblase heißt es: „Man darf sich nicht lustig machen“. Darüber steht in großen Lettern der Titel „Les Intouchables II“ – eine Anspielung auf den gleichnamigen französischen Kinohit, der bei uns unter „Ziemlich beste Freunde“ für ausverkaufte Kinosäle sorgte. Und im Blattinneren sind weitere abgedruckte Zeichnungen zu sehen, wie beispielsweise jener, wo Mohammed als Oscar-Gewinner für den „besten anti-islamischen Film“ auftaucht. Die Zeichnungen seien „zutiefst beleidigend“ für manche Gläubige, sagte *Jay Carney, Sprecher von US-Präsident Barack Obama in Washington. Wieso kann nicht irgendein westlicher Politiker einfach einmal lautstark und unüberhörbar für alle sagen, dass es in unseren Breiten ein eigenes kulturelles Verständnis mit entsprechenden Freiheiten für Menschen gibt und wir nicht hinnehmen, dass uns ein Teil einer Religionsgemeinschaft bei jeder sich bietenden und unbietenden Gelegenheit tyrannisiert und terrorisiert. Der Kölner Erzbischof Joachim Meisner formulierte schon 2001 „Toleranz predigt der Islam immer nur dort, wo er in der Minderheit ist.“ Die Frage, die einmal ganz entspannt diskutiert werden sollte, ist: wo beginnt in einem kritischen Diskurs über Medienfreiheit und Verletzung religiöser Gefühle eigentlich die Toleranz – und wo endet sie?

* http://www.focus.de/politik/deutschland/ * http://www.charliehebdo.fr * http://www.der-postillon.com/2012/09/ * http://www.spiegel.de/politik/ausland /