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Hirnregen

„Ach liebe Frau! sagte ich ihr, in unserem Lande ist es sehr frostig und feuchte, unser Sommer ist nur ein grün angestrichener Winter.“, beklagte Heinrich Heine einst in seinen Reisebildern. Angesichts der Regenmengen der letzten Tage und Wochen fühle auch ich langsam den Wunsch in mir aufsteigen, es Heine gleichzutun und mich in südlichere Gefilde zu empfehlen. Heidi List ortete in ihrer Kolumne im letzten Falter ob des Dauertiefs noch ganz andere Gefahren: „…dieses Jahr fällt der Mai als gemeinsamer Libidomonat aus. Dafür sorgen der miesepetrige Dauerregen und Temperaturen für ungeile Strumpfhosen unter den Beinkleidern. Wie wird das weitergehen? Menschen, die sich verliebt hätten, verrotten in ihren Wohnungen, ohne sich kennengelernt zu haben. Menschen, die sich trennen sollten, bleiben ein weiteres ödes Jahr zusammen, weil die kurze Libidoreflexion des Mai ausfällt.“*  Nicht auszudenken, was diese Wetterkapriolen noch alles im Stande wären anzurichten. Aber wenn wir schon mit diesen zermürbenden Dauerniederschlägen geschlagen sind, dann möchte ich doch eine ganz höfliche Bitte an die zuständige Stelle da oben richten:  „Herr, lass es Hirn regnen!“ Denn da gäbe es landauf landab so viele, die dringend gegossen werden müssten.

Etwa unser aller Paradeschwiegersohn KHG. BUWOG, Hypo-Alpe-Adria, Urlaubsmissverständis – man verliert ja langsam schon den Überblick, in welchen Causen man jetzt unbedingt seine Unschuld vermuten muss. Und als wäre nichts gewesen saß er letzte Woche perfekt geföhnt, gut gebräunt und slick wie ein Aal in der ARD-Talkshow von Sandra Maischberger und erklärte den Deutschen auf seine jovial-großkotzige Art, wie man den Euro und die Währungsunion retten kann.* Hirnregen! Und bitte auch auf die Damen und Herren im BP-Vorstand, die vor lauter Profitgier und Gewinnmaximierungssucht längst ihr grünes Gewissen zu Grabe getragen haben. Die wussten nämlich schon Monate vor der Explosion der Ölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko um ein Sicherheitsrisiko auf der Bohrinsel – und setzten sich dennoch über konzerneigene Bestimmungen hinweg. Wie die New York Times unter Berufung auf interne Dokumente des Unternehmens berichtete, hätten BP-Ingenieure bereits am 22. Juni 2009 ihre Bedenken darüber geäußert, dass eine Metallverschalung, die der Konzern am Bohrloch zum Einsatz bringen wollte, unter großem Druck kollabieren könnte. BP habe dennoch an der Verwendung der Verschalung festgehalten und sich dafür eine spezielle Erlaubnis von Verantwortlichen des Konzerns eingeholt. Danke dafür: Seit der Explosion am 20. April laufen jetzt rund 800.000 Liter Öl pro Tag unkontrolliert ins Meer. Hirnregen!
Dann hätten wir noch jene armseligen Kleingeister, die aufgrund ihrer makabren Vorstellung im KZ Ebensee nach einjähriger Unentschlossenheit unserer Justiz nun offenbar doch ein strafrechtliches Verfahren erhalten. Einzige Hoffnung: Angesichts des jugendlichen Alters der Täters ist vielleicht noch nicht ganz Hopfen und Malz verloren. Dennoch und gerade deshalb: Hirnregen!

Die himmlischen Schleusen mögen sich dann doch bitte auch über sämtlichen Österreich –Filialen des Fast Food Restaurants mit dem Clown öffnen. Bei denen wurde nämlich unter dem Titel „Servus, Muuuh und Grüß Gott!“ eine Papier-Unterlage mit einer aufgedruckten Landkarte von Österreich auf die Tabletts gelegt. Doch statt eines Österreichplans fanden die Restaurantgäste eine Karte der Ostmark auf der Werbefläche – fein säuberlich in die sieben Gaue, die Adolf Hitler im Jahr 1938 geplant hatte, eingeteilt. Die Marketingchefin spricht von „einem unglücklichen Zusammentreffen peinlicher Zufälle, das im Kreativbereich der Werbeagentur liegt“. Sauber! Bitte um reichlich Hirnregen! Der aktuelle Frauenbericht 2010 ermuntert mich noch zu einem kleinen Regentänzchen für die Wirtschaftstreibenden dieses Landes. Liebe (potentielle) Arbeitgeber, die Frauen in diesem Land sind so gut ausgebildet wie nie zuvor. Die Frauen in diesem Land stemmen heute Familymanagement und Karriere mit Bravour. Dennoch verdienen die Frauen in diesem Land für die gleiche Arbeit um bis zu 18 Prozent weniger als Männer. Das ist nicht einzusehen! Denkt nach, warum das so ist! Und seid Euch des realen unternehmerischen Mehrwertes bewusst, den diese Top-Frauen der Wirtschaft bringen. Und statuiert in Euren Unternehmen Exempel, dass es auch anders geht. Zur Sicherheit erbitte ich für Euch noch ein wenig Hirnregen!

Und alle, die im Oktober in Wien zur Wahl  gehen, mögen doch bitte zwei mal hinhören, wenn der polarisierende Diskoprinz den Mund aufmacht. Auch wenn uns Muezzin-Pummerin-Reime  diesmal erspart bleiben und HC einen auf konservativ macht – hinter der Maske lacht die selbe braune Fratze. Zum besonnen Urnengangen brauchen wir reichlich Hirnregen! Last but not least könnte ein kleines Hirngewitter über dem Wettergott himself niedergehen, vielleicht wird´s dann endlich etwas mit dem Sommerwetter. Es gäbe noch zahlreiche ZeitgenossInnen, denen ich gerne ich einen Schnürl-, Salzburger-, Platz,- Dauer-, Land-, oder Sprühregen an Hirn verabreichen würde. Ich gebe an dieser Stelle Bescheid, wann es soweit ist – dann bitte die Schirme daheim lassen!

* Falter Nr. 21/10