Grüner Sündenfall
Senol Akkilic darf sich freuen. Von wem ich spreche, fragen Sie? Na, Senol Akkilic, der Bezirksmandatar mit kurdischem Migrationshintergrund, der demnächst ins Stadtparlament einziehen wird. Zu verdanken hat der engagierte Jugendarbeiter, sesshaft in Wien Alsergrund, diese unerwarteten politischen Ehren dem Professor mit fragwürdigem Demokratieverständnis. Der nämlich ebnete durch den Verzicht auf sein Gemeinderatsmandat dem Neuling den Weg dorthin. Noch einmal zum Mitschreiben: Der konzeptlose Führungskader einer Partei spannt sich das alte Schlachtross Van Der Bellen vor den Karren. Gute Idee eigentlich und sie geht prompt auf. Bei der Wahl am 10. Oktober kann das grüne Urgestein 11.952 Wähler für sich einnehmen und gelangt damit vom eigentlich unwählbaren Platz 29 der Grünen Landesliste auf Platz 1 – ein Novum bei den Wiener Wahlen. Kaum war klar, dass er sein Ziel erreicht hate, zeigt genau dieser Van der Bellen knapp 12.000 Leuten den Stinkefinger! Dass er während des Wahlkampfes nie klargestellt hat, dass er ein Mandat für den Wiener Landtag nicht annehmen werde, ist doch jetzt Nebensache. Verlässlichkeit, Handschlagqualität, Verantwortung: Tausend Rosen! Da soll man jetzt doch bitte nicht kleinlich sein.
Sager wie „Die Wiener Grünen brauchen keinen Übervater zum Gelingen des Projekts“ und „Die schaffen das auch ohne mich“ waren da vor ein paar Tagen im Ö1-„Journal zu Gast“ zu hören. Klar, der Mann ist ja auch unheimlich beschäftigt, so ein Job als „Sonderbeauftragten der Stadt Wien für universitäre Angelegenheiten im Nationalrat“ nimmt einen zweifellos in Anspruch. Bitte, geht´s noch? Was VdB und seine Entourage da betrieben haben, ist nicht nur eine rekordverdächtige Vorzugsstimmenkeilerei, sondern glatte Wählertäuschung. Ein einmaliger Lapsus? Weit gefehlt! Die Gegenprobe lieferten vergangene Woche die grünen Vertreter im ORF-Stiftungsrat ab, die mit ihren Stimmen gemeinsam mit ihren roten Freunden dafür sorgten, dass einer, der sich gegen Parteifilz stellte, geköpft wird. Wo sind sie plötzlich alle, die großen Ankläger der Freunderlwirtschaft und Parteibuchpoltik, die Verfechter der Political Correctness. Angesichts höherer politischer Weihen landet so manches hohe moralische Prinzip auf dem Misthaufen – Verzeihung, in der Biotonne – der Geschichte. Machtgeilheit ist eben farbenblind. Und der Sündenfall anscheinend nur eine Frage der passenden Gelegenheit.
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