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Der Werner und sein Plan

Der lustige Werner hat einen Plan. Er muss einfach einen haben! Denn was sonst kann einem Mann in Zeiten wie diesen ein solches Dauergrinsen ins Gesicht zaubern, wenn nicht der große Masterplan im Hinterkopf? Und wie sonst könnte man sich seine nonchalanten Kommentare der letzten Wochen auch nur im Ansatz erklären? Wenn es darum geht, die Wahlschlappe in Oberösterreich, die der SPÖ mit Verlusten von 13,4 Prozentpunkten das größte Minus bei Landes- und Gemeinderatswahlen der Zweiten Republik gebracht hat zu erklären, herrscht in der SPÖ absolute Geschlossenheit – man ist geschlossen ratlos! Und was sagt der lustige Werner dazu? „Ich suche keine Sündenböcke. Aktuell habe ich keine Änderung vor.“ Er wirkt wie der Kapitän der sinkenden Titanic, der der Kapelle befiehlt, weiterzuspielen. Mit dem einzigen Unterschied, dass der lustige Werner keine Rettungsboote klarmacht, um seine Passagiere in Sicherheit zu bringen. Ihm reicht schon die Kapelle. Oder sind die Erwartungen an den Chef der Bundeskanzlerpartei zu hoch? Rein physikalisch gesehen kann man aus einer Flasche, in der nur ein Liter drin ist, nicht die doppelte Menge herausholen. Wo kein Strom ist, brennt kein Licht. Und Potenzial, das nicht vorhanden ist, lässt sich eben nicht abrufen. So einfach ist das.

Höhepunkt der Negativauslöse

Und die Partei? Es rächt sich heute, dass die einstige Großpartei viele Jahre hindurch die Beliebigkeit zum Programm erhoben hat. Einmal links der Mitte, einmal rechts der Mitte (Stichwort: Migrationspolitik), einmal sozial, dann wieder liberal (Stichwort: Studiengebühren), einmal staatstragend, dann wieder populistisch (Stichwort: Staatsverschuldung), aber nie zuordenbar. Die einstige Vorzeigemarke in Rot ist stark beschädigt. Seit Vranitzky 1986 an die Parteispitze kam, wurde in der SPÖ eine Generation von meist hirnlosen Ja-Sagern und Karrieristen herangezüchtet, deren Denkweise sich auf Funktionen und Ämter beschränkt. Staat und Gesellschaft sind ihnen egal, die einzige Währung die zählt, ist das sichere Mandat bei der nächsten Wahl. Das Ergebnis dieser permanenten Negativauslöse haben wir heute vor uns – in Werner Faymann findet es seinen traurigen Höhepunkt. „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen!“, lautete die bekannte Devise des schönen Vranz. So wurde nicht mehr über politische Arbeit nachgedacht, sondern nur mehr über Marketing, Profilierung und Verwaltung der eigenen Klientel. Kritische Stimmen wurden ins Abseits gestellt, als intellektuelle Basis blieben ein paar frustrierte Linke übrig, die in den Parteigremien den Zustand der Welt beklagen, ohne vielfach jemals mit dieser realen Welt in Berührung gekommen zu sein. Daran hat sich bis zur Ära Faymann nichts geändert. Will die SPÖ jetzt eine moderne Linke Politik machen, muss sie die sogenannten Linken alten Stils endlich verabschieden. Die Denkweise in Kategorien der Verstaatlichten Ära und des überbordenden Sozialstaates kann kein Mensch mehr hören, nicht einmal mehr die stärkste Wählergruppe der SPÖ, die Pensionisten, die hat nämlich bereits Hörprobleme.

Wo bleibt die Führung?

Die Menschen haben heute ganz andere Lebensrealitäten, als die, die sich im Parteiprogramm der SPÖ wiederfinden. Ist es da weiter verwunderlich, dass viele ihr Kreuzerl bei der Protestpartei gegen die da oben machen? Ist es verwunderlich, dass die Mehrheit der jungen Leute blindlings dem Diskoschönling HC ihre Stimme gibt! Der SPÖ ist heute jeglicher Wirklichkeitsbezug abhanden gekommen. Die Folge: Die Wähler wissen nicht (mehr), wofür die Sozialdemokratie steht. Und warum: Weil die Sozialdemokraten es selbst nicht wissen. Kein Thema. Keine Botschaft. Keine Vision. Jedes Unternehmen mit einer solchen „Unternehmensphilosophie“ hätte längst Konkurs angemeldet. Es ist wahnwitzig zu denken, dass allein die brave Verwaltung eines Landes reicht, um vom Wähler belohnt zu werden. Die Menschen wollen Gestalter, keine Verwalter, und sie wollen Führung, jemanden der ihnen sagt, wo es lang geht.

Spindoktorengeplapper im Gemeindebau

Wenn es um die Ansprache ihrer Klientel geht, beißt sich bei den Roten heute die Katze in den Schwanz: Die sozial Schwachen und die Minderprivilegierten wenden sich nicht mehr der Sozialdemokratie zu, und die Sozialdemokratie wendet sich ihnen nicht mehr zu. Dabei waren sie es doch, die die SPÖ groß gemacht haben. Aber hier setzt bei den Roten wohl die Erinnerung aus. Von Loyalität keine Spur. Zielgruppenansprache: Fehlanzeige. Kommunikation: Nein danke! Die SPÖ hat schlichtweg verlernt, mit den Menschen zu sprechen. Mit Demokratenkauderwelsch und Spindoktorengeplapper stößt man im Gemeindebau auf taube Ohren, das wird auch der aktuellen SPÖ-Bundesgeschäftsführung bald bewusst werden. All das ergibt einen fruchtbaren Humus für Populisten und Volksverhetzer, denen der Wähler offenbar mehr an wirtschaftlicher Lösungskompetenz zutraut. Die rote Politik ist für diese Menschen ein Schlag ins Gesicht: Warum einer geregelten Arbeit nachgehen, wenn genau sie es sind, die bei jeder so genannten „Reform“ die ersten sind, die draufzahlen? Kein Wunder, dass sich die Menschen allein gelassen fühlen und Verständnis und Trost rechts der Mitte suchen.

Ersäufen vorm Ertrinken

Wenn es rund um den ersten Todestag von Haider einen Punkt gibt, über den die Roten nachdenken sollte, dann ist es jener, dass Politik eine Kommunikationsdienstleistung am Menschen ist. Schon Kreisky wusste: Wenn du keine eigenen Medien hast, dann musst du mit den Menschen reden, reden und nochmals reden! Wenn du keine Themen hast, hast du keine Geschichten, und wenn du keine Geschichten hast, haben die eigenen Funktionäre nichts, was sie den anderen erzählen können – und weil es das alles nicht gibt, gibt es nichts. In der Zwischenzeit spielt Werners Kapelle unbeirrt weiter, solange, bis ihr das Wasser zum Hals reicht. Spätestens dann legt sie ihre Instrumente beiseite und fragt den Kapitän, was jetzt ansteht. Und wenn er keinen Plan hat, wird man ihn noch vor dem Ertrinken ersäufen. Aber lieber Werner, vielleicht verrätst du ihn uns ja demnächst doch noch, deinen großen Masterplan. Dann nämlich hätten auch wir wieder etwas zu grinsen.