Chuzpe!
In Zeiten, da man uns die Mikrosievert, die glosenden Brennstäbe und die wandernden Nuklearwolken nur so um die Ohren haut, in Zeiten also, da das Anormale normal zu werden droht, in solchen Zeiten sucht der einfache Bürger nach ein wenig Kontinuität in dieser Welt. Ich persönlich finde meine Konstante in der österreichischen Politik. Couleur und Rahmengeschichten mögen variieren, was stets gleich bleibt, ist die Dreistigkeit der Proponenten. Der Herr Petzner, seineszeichens – ja was eigentlich? – hatte es ohne Führerschein ziemlich eilig. Was man verstehen muss, es war schließlich ein medizinischer Notfall. Stieß ihm das letzte Wodka Red Bull sauer auf? Klemmte der Solariumdeckel? Wir werden es nie erfahren.
Momente unbeschwerter Unterhaltung bescherte mir auch unser Undercover-Ernsti. Der wollte nicht ins Spital, sondern gerade zur Staatspolizei, schließlich hat er die vorgeblichen Lobbyisten so wunderbar „angefüttert“. Aber man kennt das ja mit der Terminnot, auch da muss man Verständnis haben. “You know, the problem is, a lobbyist is a lobbyist, yes? And a lobbyist has some special smell.” Genau, und dasselbe gilt für selbstgefällige, provinzielle Emporkömmlinge, die den Hals nicht voll genug kriegen können.
Von nicht minderem Unterhaltungswert dann die weiteren Akte des Laienstückes: Eine zur Bewachung von Strassers Brüsseler versiegeltem Büro engagierte Firma, bei der er selbst im Vorstand sitzt. Ein Nachfolger, der seine Brötchen mit exakt denselben Umtriebigkeiten verdient. Und eine Justiz, die sich mit naiver Anlassgesetzgebung Marke Mafiaparagraph für Lobbyisten der Lächerlichkeit preisgibt. Danke also noch einmal an die österreichische Dreifaltigkeit von Dummheit, Arroganz und Dreistigkeit, die mir dieser Tage ein wenig Zerstreuung verschafft. Apropos Dreistigkeit: Was das betrifft, gab es einen, der die genannten Gauner wie Schulbuben ausschauen lässt. Im eben veröffentlichten Buch von Ingrid Thurnherr ist zu lesen, dass sich Udo Proksch 1967 als Generalintendant des ORF bewarf. In seinem Bewerbungsschreiben machte er die Bedingungen für die Übernahme des Amtes klar: Ein sattes Salär und sechs Monate Urlaub pro Jahr. Das ist Chuzpe.