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Bibeln für Teheran

In Österreich hat die römisch-katholische Kirche wieder einmal mit ein paar Imageproblemen zu kämpfen. Glücklicherweise geht es diesmal nicht um Kindesmissbrauch, sondern “nur” um den Dorfpfarrer von Schützenhofen (Niederösterreich), Gerhard Swierzek, der zuerst gegen Homosexuelle wettert, einen ebensolchen Mann aus dem Pfarrgemeinderat ausschließen möchte, sich dabei auf die Heilige Schrift beruft, von den hohen moralischen Ansprüchen redet, die er zu vertreten hat, um dann von seiner Ex-Geliebten geoutet zu werden. Blöd gelaufen, könnte man sagen. Jetzt ist der vermeintliche Genießer, so seine ehemalige Liebschaft, untergetaucht. Dies, obwohl er es so gerne hatte, wenn ihm die ausgebildete Operettensängerin ein “Halleluja” zum Besten gab, wie ich heute in einem *Interview nachlesen konnte. Nach den “Phasen des Scheiterns” befindet sich der “Scheinheilige” irgendwo zwischen Geisterfahrer- und Selbstverleugnungsphase. Ich bin schon gespannt, was passiert, wenn der “Hirte der 10 Gebote” in die Feindbildphase kommt. Wie auch immer.

Aber der Niederösterreicher von der Bodentruppe Gottes ist ideologisch nicht alleine, es gibt offensichtlich einen Bruder im Geiste. Der Pfarrer aus dem südsteirischen St. Veit am Vogau, Karl Tropper, hat sozusagen einen regionalen Hirtenbrief verfasst, wie ich in der *Kleinen Zeitung nachlesen konnte. In seinem örtlichen Pfarrblatt kommt er zum Schluss, „Homos“ seien unglückliche, ruhelose Menschen, denen die Einsicht fehle. Sie haben eine erworbene Sexualneurose, die die Lebens- und Arterhaltungsfunktionen störe. Zusammenfassend präzisierte er, „Homos“ hätten mehr als sechs Millionen Aids-Tote zu verantworten. Der Mund bleibt einem offen, ob solchen Gedankenguts! Auffällig ist, dass die beiden zitierten Geistlichen in Regionen ihren Dienst versehen, die vom Weinbau leben. Es gilt als erwiesen, dass übermäßiger Alkoholkonsum irgendwann das menschliche Gehirn, egal in welcher Größe vorhanden, angreift. Das wäre zumindest eine Erklärung.

Szenenwechsel: Ein aktueller Blick nach Deutschland lohnt sich. Dort kann derzeit ein PR-Coup beobachtet werden, der auch unsere Kirche in die Offensive bringen könnte. Sagenhafte 25 Millionen Exemplare des Korans werden dort in Umlauf gebracht. In zahlreichen Städten wird die Heilige Schrift des Islam an die Bevölkerung verteilt. Von radikal-islamistischen Salafisten, wie betont wird. Und obwohl über das Zusammenleben so gerne gesprochen wird und über den Respekt im Umgang mit Andersdenkenden, werden quer durch alle Parteien bis hin zu den Grünen, große Bedenken wegen der Gratis-Verteilaktion geäußert, die von der ultrakonservativen Strömung des Islam organisiert wird. Dagegen kritisierte der Vorsitzende des Islamrates und Sprecher des Koordinierungsrates der Muslime, Ali Kizilkaya, die Debatte als „etwas panisch“. „Es ist grundsätzlich erlaubt, religiöse Schriften und damit auch den Koran zu verteilen“, sagte Kizilkaya der „*Frankfurter Rundschau“ vom Samstag und fügte hinzu: „Das ist so ähnlich, als würde man die Bibel verteilen.“ Das sollte die römisch-katholische Kirche als Einladung des Islam verstehen. Wie wäre es mit einer beispielsweise konzentrierten Verteilaktion von 25 Millionen Bibeln im Iran, mit einer schönen Start-Pressekonferenz in Teheran, um die Ziele und Inhalte der Schrift mit der dortigen Bevölkerung zu besprechen. Das könnte zum gegenseitigen Verständnis der Religionen und der Kulturen beitragen, um unterschiedliche Argumente im persönlichen Gespräch besser bewerten zu können. Die von mir zitierten heimischen Pfarrer könnten ja als Teil einer innerkirchlichen Resozialisierungsmaßnahme dorthin entsendet werden und für den römisch-katholischen Glauben werben. Das wäre doch ein Anfang! Und an einer respektvollen Begegnung sollten gerade Glaubensgemeinschaften wirklich nicht scheitern.

* http://www.oe24.at/oesterreich/ * http://www.kleinezeitung.at/steiermark/ * http://www.focus.de/politik/deutschland/